Verfolgt die künstliche Intelligenz mit Skepsis und Angst

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Die Akademie der Wissenschaften zu Göttingen hat ihre höchste Auszeichnung, mit der sie besonders hervorragende und in der Öffentlichkeit angesehene Wissenschaftler ehrt, Prof. Douglas R. Hofstadter verliehen.

Der US-amerikanische Physiker, Informatiker und Kognitionswissenschaftler erhielt die Lichtenberg-Medaille am 24. Juni 2022 in der Aula der Universität Göttingen im Rahmen einer Festveranstaltung. Leider konnte Akademiepräsident Prof. Daniel Göske die Medaille nur virtuell überreichen, da Hofstadter coronabedingt an seiner Universität in Bloomington im US-Bundesstaat Indiana bleiben musste. Hofstadters Freude war allerdings nicht zu übersehen. Er strahlte dank moderner Technik überdimensional auf einer Leinwand, die ihn bis in die letzte Reihe sichtbar werden ließ, und bedankte sich für die Ehrung mit einem Vortrag, den er „nur für diesen Anlass geschrieben hatte“, wie Göske sagte.

Douglas R. Hofstadter erlangte weltweite Berühmtheit mit seinem Erstlingswerk "Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band", das einen großen Bogen zwischen Logik, Kognitionswissenschaft, künstlicher Intelligenz, Kunst und Musik spannte, mit dem Pulitzer-Preis für Sachbücher ausgezeichnet wurde und sich schnell zu einem wissenschaftlichen Kultbuch entwickelte. „In seiner intellektuellen Breite ähnelt Douglas Hofstadter Lichtenberg wie kaum ein anderer Wissenschaftler des 21. Jahrhunderts“, sagte Theo Geisel, Professor für Theoretische Physik an der Georg-August-Universität Göttingen, Direktor am Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation sowie ordentliches Mitglied der Göttinger Akademie. In seiner Laudatio wies Geisel unter anderem auf den „Hofstadter Schmetterling“ hin, den der Preisträger im Alter von gerade 30 Jahren entdeckte habe. Dabei handelt es sich um ein quantenmechanisches Spektrum, das sich in Form eines Schmetterlings präsentiert, der sich unendlich oft in selbstähnlicher Form im Kleinen wiederholt. „Diese nach ihm benannte Entdeckung brachte Douglas Hofstadter bald weltweite und nachhaltige Bekanntheit. Sie beschäftigt Physiker und Mathematiker noch heute“, erinnerte Geisel.

In seinem Vortrag „Understanding versus Blunderstanding: Some Comparisons of Human Translation with Machine Translation“ stellte Hofstadter insbesondere seine geisteswissenschaftlichen Interessen und außergewöhnliches Sprachgeschick unter Beweis. Am Beispiel maschineller Übersetzungen zeigte er die Grenzen der künstlichen Intelligenz im Vergleich zur menschlichen Intelligenz auf – ein Thema, das sich durch viele seiner Bücher zieht. Dabei verglich er eigene Übersetzungen von Texten mit den Übersetzungen durch Maschinen – Google Translate und DeepL. Seine „Skepsis vermischt mit Angst“, die er den künstlichen Intelligenzen entgegenbringt, konnten die Zuhörer infolge dessen gut nachvollziehen. Die Maschinen scheiterten an vielen Details, da sie nur wörtlich übertragen und ihnen die Fähigkeit zur Bildung von Analgien fehlt. So verfälschten sie mitunter den Sinn eines Satzes und lieferten „Blunderstanding“, was vom englischen Wort „blunder“ kommt und auf Deutsch so viel wie „Fehler“ oder „Schnitzer“ bedeutet.

Auf der öffentlichen Sommersitzung wurden auch die neuen Mitglieder vorgestellt. Vizepräsidentin Prof. Andrea Polle und Vizepräsident Prof. Jens Peter Laut wiesen dabei explizit auf das erfreuliche Geschlechterverhältnis der Neuzugänge hin, da die Frauen erstmals deutlich in der Überzahl sind. Musikalisch begleitet wurde die Veranstaltung von Lysander Burleigh am Klavier, der zur Freude des Lichtenberg-Preisträgers unter anderem Chopin spielte. Hofstadter hatte 1982 eine Kolumne im „Scientific American“ über die Musik von Frédéric Chopin geschrieben, in der es um „verblüffende Klangmuster, die auch das Auge erschrecken“ ging. alo

Einen Videomitschnitt der Veranstaltung finden Sie hier